Democracy

Oberstaatsanwalt Andreas Buick: Pressefreiheit gilt nicht für Blogger*innen!

Nachdem die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) Niedersachsen¹ und Göttingen², die von niedersächsischen Polizist*innen geführt wird, gemeinschaftlich den Rücktritt ihres obersten Dienstherren, dem niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius (SPD) im März 2021 forderten³, weil der den Göttinger Polizeipräsident Uwe Lührig (CDU) entlassen hatte, fand ich im Rahmen meiner Recherche eine Pressemeldung (PM) der Göttinger Staatsanwaltschaft in Form einer PDF auf dem Webserver der niedersächsischen DPolG.
Um mich zu vergewissern das diese PM der Staatsanwaltschaft Göttingen auf dem Server der DPolG Niedersachsen authentisch ist – und Sorgfalt als Blogger*in Information zu falsifizieren bzw. verifizieren besonders in Zeiten von Verschwörungserzählungen wichtig ist – hatte ich bei der Presseabteilung der Göttinger Staatsanwaltschaft im August 2021 via Mail angefragt, um die PM zu authentifizieren. Eine Antwort auf meine Anfrage erhielt ich auch nach Monaten geduldigen Wartens nicht.

Weitere Quelle rechtfertigte neuerliche Anfrage wegen absehbarer Verdachtsberichterstattung

Nach dem sich aber durch eine weitere Quelle⁴ hinsichtlich der Rücktrittsforderung durch die DPolG gegen Herr Pistorius für mich Fragen ergaben, setzte ich Mitte Januar 2022 noch einmal bei der Presseabteilung der StA. Göttingen nach und lies bei meiner neuerlichen Anfrage durchblicken, dass es sich nunmehr bei meiner Recherche und absehbaren Blogbeitrag um Verdachtsberichterstattung handeln kann. Eine Beantwortung meiner Anfrage hinsichtlich der Authentifizierung der StA. PM stellte ich in Aussicht für vier Tage später, den 25. Januar 2022 um 14 Uhr.

Zur Deadline antwortete Oberstaatsanwalt Andreas Buick

Am 24. Januar nach dem Mittagstisch, also 3 Tage nach meiner neuerlichen Anfrage, erhielt ich Antwort vom Oberstaatsanwalt Andreas Buick, der teilte mir mit

»Sehr geehrter Herr Eberhardt,
die Pressemitteilung stammt von der StA Göttingen. Verwendet wurde dabei ein Formular, welches im nds. Justizministerium für alle Staatsanwaltschaften des Landes entworfen wurde. Bitte beachten Sie, dass grds. nur Anfragen von Journalistinnen und Journalisten beantwortet werden.«

Mit dem Schlusssatz macht der Pressesprecher der StA. Göttingen deutlich welche Ansichten er bezgl. Presse- und Informationsfreiheit vertritt. Sieht man mal davon ab, dass »Journalistinnen und Journalisten« keine geschützten Berufsbezeichnungen sind, die ergo jede und jeder für sich nutzen kann, meint Herr OStA. Buick hier vrmtl. die Definition des deutschen Journalistenverbands⁵: Journalist*in ist, wer »hauptberuflich an der Verbreitung und Veröffentlichung von Informationen, Meinungen und Unterhaltung durch Medien« sein Geld verdient. Untermauert wird diese Ansicht wenn man sich auf der Webseite der StA. Göttingen umschaut, allein um in den Presseverteiler der StA. Göttingen aufgenommen zu werden, also faktisch ein Newsletter zu abonnieren, muss man ein Formular ausfüllen⁶ und eine Kopie seines Presseausweises beifügen.


Antiquierte, pressefeindliche Ansichten?

Zugespitzt formuliert: Für Langzeitarbeitslose aus dem Subproletariat gibt es aus der Blickachse der Presseabteilung der Staatsanwaltschaft Göttingen kein Recht auf Pressefreiheit. Auch wenn diese Blogger*innen, so wie ich, seit mehr als 10 Jahren gute Pressekontakte zu Medien, aber auch zu Pressesprecher*innen in Behörden pflegen und sich auf eigene Kosten immer wieder weiterbilden lassen, um diese immer noch ehrenamtliche Tätigkeit vlt. doch irgendwann hauptberuflich auszuüben. Das man mit solchen antiquierten Ansichten weder auf internationalen Parkett, noch in einer modernen, dem Informationszeitalter gewachsenen Europäischen Union als seriöser Pressekontakt bestehen kann, ist den meisten im Netz klar. Am Waageplatz in Göttingen scheint es aber noch nicht angekommen zu sein, dass auch in Deutschland Blogger*innen den Schutz der Pressefreiheit genießen.

Kommentar:

Ganz schlechter CDU Beigeschmack

Eine abschließende Bewertung steht daher aus. Und die wird es aus meinem Betrachtungswinkel geben. Insbesondere da mich seit 10 Jahren ein direkter Ermittler (POK) der Staatsanwaltschaft Göttingen, der bei der Polizei Göttingen tätig ist, mit Eintragungen in polizeiliche Datenbanken und Strafanzeigen beschäftigt und wiederum der gleiche Staatsanwalt mir Steine in den Weg legt, mich durch Beiordnung eines Pflichtverteidigers, angemessen in einer Berufungsverhandlung am Landgericht zu verteidigen. Und eben jene Staatsanwaltschaft auch angezeigte, schwere Straftaten die gegen mich verübt wurden (u.a. Entmenschlichende Beleidigungen als »Unperson« und »Schädling« nach den antisemitischen GAZA-Demos im Sommer 2014, Körperverletzung, Verletzung von Persönlichkeitsrechte durch Nazidemos an meinem Wohnort, Hakenkreuz auf meinem Briefkasten, Aufkleber »Volksverräter« auf meinem Briefkasten) die gegen mich begangen wurden, teils durch ignorieren, teils durch Einstellung (StPO) nicht strafverfolgt.

Pressesprecher ist auch Datenschützer

Dazu kommt, dass bei Anfragen nach dem Niedersächsisches Datenschutzgesetz (NDSG) und DS-GVO mir gegenüber sehr knauserig, lediglich mit Aktenzeichen und einzeilig geantwortet wird, obwohl doch Daten und gespeicherte Metadaten angefragt wurden. Witzig, dass auch bei der Datenabfrage die Antwort von Oberstaatsanwalt Andreas Buick kam, denn der ist neben der Pressesprecherei, auch Datenschutzbeauftragter am Waageplatz, der aber offensichtlich mehr für die CDUler in seinem Arbeistumfeld Daten schützt, als für Betroffene.

Die niedersächsische Justizministerin Barbara Havliza (CDU) hat also auch hier, neben dubiosen Hausdurchsuchungen bei Sozialdemokrat*innen und in deren Ministerien, schweren Schaden an der niedersächsischen Justiz zu verantworten, die unser Bundesland Niedersachsen noch Jahrzehnte belasten werden.

Quellenangaben/ Fussnoten:

¹ https://twitter.com/DPolGNds/status/1375116883528183809

² https://twitter.com/DPolGNds/status/1375116883528183809/retweets (vgl. retweets von ¹, darunter der Twitter-Account der Göttinger DPolG.)

³ https://www.dpolg.org/aktuelles/news/causa-northeim-innenminister-pistorius-muss-die-politische-verantwortung-uebernehmen-und-persoenliche-konsequenzen-ziehen/ (Original Resource)
https://web.archive.org/web/20210325160637/https://www.dpolg.org/aktuelles/news/causa-northeim-innenminister-pistorius-muss-die-politische-verantwortung-uebernehmen-und-persoenliche-konsequenzen-ziehen/ (Memento from 25.3.2021 web.archive.org)

https://www.humanrights.ch/de/ipf/rechtsprechung-empfehlungen/europ-gerichtshof-fuer-menschenrechte-egmr/erlaeuterte-schweizer-faelle/quellenschutz-pressefreiheit-zeugnisverweigerungsrecht

https://www.djv.de/startseite/profil/mitglied-werden/aufnahmerichtlinien
https://staatsanwaltschaft-goettingen.niedersachsen.de/download/137913/Antrag_auf_Aufnahme_in_den_E-Mail-Presseverteiler.pdf

Beitragsbild: Eigene Fotografie 1/2022 hirtlitschka. Gebäude Staatsanwaltschaft Göttingen.