Soziales

„Bombenentschärfung ohne soziale Rücksichtnahme“ PM via Die Falken Göttingen

Nachfolgend dokumentiert die aktuelle Pressemeldung der Sozialistischen Jugend – Die Falken

PM „Bombenentschärfung ohne soziale Rücksichtnahme“

Wegen der Entschärfung einer Weltkriegsbombe in der Godehardstraße in Göttingen sollen am 30. Januar 2021 alle Anwohner*innen im Umkreis von 1.000 Metern von den Fundstellen ihre Wohnungen verlassen. Die Krisenpolitik der Stadt Göttingen ist auch in diesem Fall mal wieder von Inkompetenz, strukturellem Rassismus und struktureller Benachteiligung der ärmeren Bevölkerung Göttingens gekennzeichnet.

Eine coronasichere Unterbringung gibt es etwa nur für Personen, die sich ein Hotelzimmer für über 70 Euro die Nacht leisten können. Alle anderen werden nicht nur unzureichend informiert, sondern müssen auch mit einer unsicheren Unterbringung leben, die nicht nur sie, sondern auch alle Göttinger*innen in Gefahr bringen könnte. Nicht zuletzt, weil Schutzkonzepte gegen die Ansteckung mit dem Corona-Virus bisher nicht vorliegen. Stattdessen wird einfach die Verordnung aufgehoben, die den Schutz vor Ansteckung gewährleisten soll. Darüber hinaus gibt es Informationen bisher fast nur auf Deutsch oder Englisch und das in einem Stadtteil, der sehr migrantisch geprägt ist. Die Stadt rechnet dabei ganz offen damit, dass die fehlende Übersetzungsleistung der Stadt durch Kinder im Grundschulalter geleistet wird.

„Auch der Rosenwinkel und der Hagenweg, wo unsere Mädchengruppe aktiv ist, fallen unter die Straßen, die evakuiert werden müssen. Die Wohnverhältnisse dort sind prekär und die wenigsten haben genug Geld, um sich die von der Stadt organisierten Hotelzimmer leisten zu können“, so Naima Tiné aus dem Bezirksvorstand der Sozialistischen Jugend – Die Falken. „Zusätzlich kommt die Stadt ihrer Informations- und Fürsorgepflicht für ihre armen und sozial benachteiligten Bürger*innen nicht nach. So bleibt völlig offen, wie die Anwohner*innen bei der angeordneten Evakuierung effektiv vor Ansteckungen mit dem Corona-Virus geschützt werden sollen. Das erzeugt Angst und berechtigten Unmut bei den Anwohner*innen.“

Kann man sich eine Nacht im Hotel nicht leisten, soll man sich per Telefon melden, um auf eine Liste für „Notunterkünfte“ zu kommen. Das müssen die Betroffenen aber bis spätestens Freitag machen, damit die Verteilung klappen soll. Die Frist bis Freitag ist viel zu kurz angesetzt. Darüber hinaus gibt es erhebliche Sprachbarrieren bei den Informationsangeboten. Gestern morgen wurden im Rosenwinkel Zettel verteilt, auf denen die entsprechenden Anweisungen auf Deutsch zu lesen sind. Ein winziger Vermerk auf Englisch sagt „this information in other languages: goe.de/bombenverdacht“. Klickt man sich durch weitere Kleinstverlinkungen findet man seit gestern die Informationen in mehreren Sprachen, jedoch fehlen beispielsweise Romanes und Spanisch.

Die Behörden gehen davon aus, dass die Kinder der vor Ort lebenden Erwachsenen die Übersetzungstätigkeit für ihre Eltern übernehmen werden, anstatt die Anwohner*innen ausreichend in ihren Sprachen zu informieren. Hier wird Kindern aus migrantischen Elternhäusern von Seiten der Stadt eine Rolle zugewiesen, die sie als Kinder strukturell überlastet. Wir glauben nicht, dass die Mitarbeiter*innen der Stadt erwarten würden, dass ihre minderjährigen Kinder für ihre Eltern die Organisation der Unterkunft organisieren.

„Auf Nachfrage beim Infotelefon der Stadt, wie das mit Sprachbarrieren beim Infotelefon ist, wird auf die Kinder verwiesen, die „ja wahrscheinlich Deutsch sprechen und übersetzen können“. Dolmetscher*innen werden nicht organisiert, am Telefon arbeiten nur Verwaltungsleute, die Deutsch und maximal Englisch sprechen“, so Lisa Meier, die als Gruppenhelferin der Mädchengruppe im Rosenwinkel aktiv ist. „Die Arbeit, sich um eine Unterkunft für die potenziell lebensbedrohliche Situation einer Bombenentschärfung zu organisieren, wird den deutschsprechenden Kindern der Familien zugeschoben. Das ist eine Verantwortung, die die Stadt tragen müsste!“

Es zeigt sich, dass die Stadt ihre armen und migrantischen Bürger*innen nicht ausreichend in ihren Planungen bedenkt, und sie damit unangemessen belastet und einem größeren Risiko aussetzt.

Die Mädchengruppe der Sozialistischen Jugend in Göttingen ist im Stadtteil aktiv. Für die bei uns aktiven Kinder und Jugendlichen, ihre Familien und alle Anwohner*innen der betroffenen Stadtteile fordern wir:

• Schiebt die Verantwortung nicht auf die Kinder!
• Stellt Dolmetscher*innen zur Verfügung!
• Informationen müssen auch in anderen Sprachen verteilt werden!
• Transparenz bei der Verteilung und dem Corona-Sicherheitskonzept!
• Übernehmt die Kosten für eine coronasichere Unterbringung – Hotelzimmer für alle

Beitragsbild Openstreetmap Open Database License (ODbL) ca. Radius Bombenräumung