Gestern entdeckt das Spiegel TV¹ ein weiteres mal über den Hagenweg berichtet. Thematisiert werden im TV Beitrag, der hier via Youtube als Video eingebettet ist, die seit Jahren praktisch unveränderte und gravierend schlechte Wohn- und Lebenssituation für die Anwohner*innen im Hagenweg 20 in Göttingen. Eigentümer vieler Wohnungen dort, soll laut Aussage die in der Spiegel-Recherche getroffen wird, eine Coreo AG sein.
Wer trägt die Verantwortung?
Nachdem ich den Beitrag von Spiegel TV gesehen hatte, habe ich mir daraufhin die Webseite der Coreo AG angeschaut. Das Erste was mir dort aufgefallen ist, dass die Chefs der Coreo AG als Team abgebildet worden sind. Gezeigt werden auf der Webseite der Coreo mit Bild, Marin N. Marinov (Vorstand), Stefan Schütze (Vorsitzender des Aufsichtsrates), Jürgen Faè (Aufsichtsrat) und Dr. Christoph Jeannée (Aufsichtsrat). Schöne und kostbare Anzüge tragen sie auf den Bildern, man gewinnt fast den Eindruck, so gepflegt wie sich zeigen, es handle sich um Edelleute in Maßanzügen.
Im sogenannten Portofolio auf der Webseite der Coreo wird auch »Göttingen und Umland« mit Wohnimmobilien einer vermietbaren Fläche von 9.869 m² benannt und mit einer »Belegungsrate« von 78 % angegeben.
Coreo AG lebt von HARTZ 4
Wovon die Edelleute ihre Einnahmen generieren, macht der Beitrag von Spiegel TV deutlich. Die Edelleute der Coreo AG leben – zugespitzt ausgedrückt – von Hartz 4, natürlich nicht direkt, wie man das von Menschen kennt, die als arbeitssuchend gemeldet sind und denen keine reguläre Arbeitslosenunterstützung (mehr) zusteht, sondern, in dem der überwiegende Teil der Mietkosten der Wohnungen, also wie jenen im Hagenweg 20, vom Jobcenter als Kosten der Unterkunft (KdU) übernommen und an die Eigentümer, in dem Fall die Coreo, ausgezahlt werden. Das sind, so sagt es eine Anwohnerin den Spiegel-Leuten 457 € monatlich an Miete, die Göttingen für eine dieser als Wohnung bezeichneten Quartiere zahlt.
Stadt kann Eigentümer Coreo zwingen
Mit der Einstellung der Zahlungen der Miete durch die Stadt Göttingen an die Eigentümer, hätte die Stadt durchaus Handhabe, die Eigentümer zu zwingen und zwar bevor denen Insolvenz oder gar viel Schlimmeres droht – wir leben in Zeiten scharfer Kapitalismuskritik – lebenswürdiges Wohnen in ihrem Renditeobjekt am Hagenweg herzustellen. Eigentum verpflichtet!²
Die Redakteurin von Spiegel TV sagt am Schluss der Sendung noch: Und auch wir werden zurückkehren, um zu beobachten ob die Stadt, die Politik oder der Hauptverantwortliche – die Coreo AG – endlich umsetzen was jedem Bürger zusteht: Eine menschenwürdige Wohnung.
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Fussnoten:
¹ https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/goettingen-sozialer-brennpunkt-hagenweg-20-das-haus-macht-einen-kaputt-spiegel-tv-a-1b6f39af-3c97-4f73-a564-b404226ab8e3
² vgl. Grundgesetz Art. 14 (2) https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_14.html »Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.«
Beitragsbild:
Ausschnitt eines Bildes des Göttinger Studenten Stefan Walfort, der auch in einem Renditeobjekt in Göttingen lebte: In der Groner Land Straße 9. Stefan nahm sich im letzten Jahr, am 12. Mai 2021 sein Leben. Auf twitter schrieb der hochgebildete und empathische Stefan zum Bild
Mein „Bett“, simple Matratze am Boden, an der Wand abstrakte Kunst aus zerdrückten Bettwanzen und Kakerlaken. Das Sein bestimmt das Bewusstsein.
R.I.P Stefan